Welche Kriterien nun den Kaufpreis bestimmen – Artikel aus Ausgabe Winter 2023

Marktbericht: Immobilienmarkt Tegernseer Tal

Welche Kriterien nun den Kaufpreis bestimmen

DIE EINFLUSSFAKTOREN AUF DEN IMMOBILIENMARKT IM TEGERNSEER TAL

In den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir am Immobilienmarkt eine sehr deutliche Veränderung erlebt. Die Baufinanzierungszinsen haben sich vervierfacht. Die Energiekosten sind gestiegen. Die Politik hat Rahmenbedingungen gesetzt, die Immobilienbesitzern abverlangen, sich mehr Gedanken über die Wärme- und Energieversorgung – sei es im Bestand oder beim Neubau – zu machen.

Wir stellen fest: Diese Situation wirkt sich auf den Markt aus. Noch ist die Einsicht, dass sich der Markt in dieser Weise verändert hat, auf Verkäuferseite nicht angekommen. Die Preisvorstellungen der Verkäufer haben sich bislang kaum verändert. Man erwartet die gleichen Summen, die zur Hochzeit im Immobilienmarkt erzielt werden konnten. Die Käuferseite dagegen erwartet inzwischen Korrekturen und verhandelt zwischen 10 bis 30 Prozent vom Angebotspreis.

Käufer entscheiden nach Energie-Standards

Käufer fällen dann eine Kaufentscheidung, wenn sie eine zukunftsfähige Immobilie zu einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis erwerben können. Einbezogen werden dabei künftige Sanierungsaufwände. Es geht nicht mehr darum, ein Eigenheim zu erwerben und es nach und nach auf Stand zu bringen. Auch stehen bei der Frage nach der energetischen Situation nicht mehr nur die reinen Energiekosten im Fokus. Käufer möchten auch den Wohnkomfort, der mit einer Wärmedämmung, einem modernen Flächenheizungssystem im Fußboden bzw. in der Wand oder mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung verbunden ist. Die in den Wintermonaten kalt abstrahlende Außenwand hinter der Couch im Wohnzimmer wird nicht mehr akzeptiert. Weil sie gesamtenergetisch abträglich ist.  Man setzt auf die Lüftungsanlage, womöglich mit Wärmerückgewinnung.  Das sorgt für eine bessere Luftqualität in allen Räumen, ohne unangenehmes Querlüften oder Wärmeverlust, gerade in den Wintermonaten. Wenn die Lüftungsanlage auch noch mit eigenem Strom aus der PV-Anlage betrieben wird, schließt sich der nachhaltige Kreislauf.

Ertüchtigung muss eingepreist werden

Es geht also bei einer energetisch zeitgemäßen Immobilie nicht nur um Kosten, sondern auch um Wohnqualität, die von älteren, unsanierten Gebäuden so nicht geboten werden kann. Ebendieser Umstand wird von der Käuferseite mehr und mehr in der Kaufpreisfindung berücksichtigt. Die Ertüchtigung der Bestandsimmobilie ist zwar in der Regel möglich, jedoch mit einem hohen planerischen Aufwand und starken Eingriffen in die Substanz verbunden. Auch hat der Verkäufer inzwischen eine Informationspflicht.

Sonderfall Zweitwohnsitzsatzung

Sollte sich nun zu einer unzureichenden energetischen Situation noch der Umstand gesellen, dass die Immobilie von Nutzungseinschränkungen durch die gemeindlichen Fremdenverkehrssatzungen betroffen ist, also nur als Erstwohnsitz genutzt werden darf, fallen je nach Lage und Objektart über 50 – 70 % der in Frage kommenden Kaufinteressenten weg. Entweder, da eine Nutzung als Zweitwohnsitz gewünscht ist, oder, weil man sich den Aufwand einer Sanierung, mit oft schwer kalkulierbaren Kosten und erheblichem Koordinations- und Planungsaufwand, nicht antun möchte.

Diese „Fremdenverkehrssatzungen“ gibt es aktuell nur in Rottach-Egern und Kreuth, wir gehen aber davon aus, dass die übrigen Talgemeinden folgen werden.

Unser Resümee lautet daher: Die energetische Qualität in Bezug auf Nachhaltigkeit und Wohnkomfort sowie die einschränkungsfreie Nutzbarkeit eines Objektes werden zukünftig mehr und mehr Einfluss auf die Werthaltigkeit einer Immobilie haben. Je nach Ausprägung oder Kombination beider Faktoren werden Verkäufer betroffener Objekte schwerer einen Käufer finden und gleichzeitig spürbare Preiskorrekturen akzeptieren müssen.

Eine Analyse von Martin Wetterstetter, Tegernseer Grund Immobilien GmbH