Das Material wird knapp

Gestiegene Rohstoffpreise und längere Lieferzeiten verzögern und verteuern den Neubau.

Bauen boomt, der Platzbedarf ist immens! Und das wirkt sich auch auf den Baustoffbedarf aus. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wird in Europa fast die Hälfte aller Rohstoffe beim Bauen verbraucht. Auch in der Baubranche ist deswegen Nachhaltigkeit und das Recycling von Baustoffen ein großes Thema. Das Ziel im Bauwesen ist deswegen eine Kreislaufwirtschaft, in der die Materialien, die bei einem Abriss frei werden, möglichst vollständig wiederverwertet und Abfälle vermieden werden können, um so den Einsatz der Ressourcen erheblich zu senken. Allerdings sind dies derzeit lediglich Ziele.

Und da der Bedarf an Baumaterialien weltweit stetig steigt und Materialien knapp sind, steigen unweigerlich auch die Preise. Dies trifft zu für Holz, Sand, Beton, Porenbeton, Stahl, Ziegel und Kalkstein. Aber auch Farben, Kunststoffe, Dämmmaterialen und Abdichtungen sind Mangelwaren. Die Bauwirtschaft klagt über Lieferengpässe.

Die Gründe liegen mitunter in der Corona-Pandemie: Hersteller haben als Reaktion auf die Pandemie ihre Produktion heruntergefahren und kommen jetzt nur schwer mit dem Liefern hinterher. Reedereien hatten ihre Kapazitäten heruntergeschraubt und nun kommt es zu langen Wartezeiten für
Schiffscontainer. Zwischenfälle wie die Havarie im Suezkanal im Frühjahr tun ihr Übriges dazu. In China und den USA hingegen zieht die Konjunktur wieder an, was weltweit zu steigenden Preisen und Lieferknappheit führt.

Bei Mineralwolle ist die Lieferzeit von sieben Arbeitstagen auf 12 bis 16 Wochen hochgeschossen, bei einem gleichzeitigen Preisauftrieb von 15 Prozent. Trockenbauprofile kosten über 100 Prozent mehr und Rigips ist sogar um 170 Prozent teurer geworden. Seit dem vierten Quartal 2020 gebe es Coronabedingt bei verschiedenen Materialien eine sehr dynamische Preisentwicklung. Preise für Mineralölerzeugnisse stiegen beispielsweise um 15 Prozent und für Betonstahl sogar um 30 Prozent, so der Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB). Der Bundesverband Farbe berichtet sogar von Preiserhöhungen um rund 50 Prozent bei Wärmedämmung, teilweise auch bei Trockenbauprofilen.

Beim Holz gibt es Preissteigerungen von über 200 Prozent. Der Kubikmeter kostete im Mai 2021 statt 300 Euro mittlerweile 600 bis 800 Euro. Zwar wird in den deutschen Wäldern Holz geschlagen wie noch nie, aber der starke Befall durch den Borkenkäfer führt dazu, dass dieses Holz nur zum Teil für den Bau verwendet werden kann. Dieses sogenannte Kalamitätsholz besitzt konstruktiv die gleiche Qualität wie herkömmliches Schnittholz. Es kann daher ohne Einschränkungen im nicht sichtbaren Bereich verbaut werden. Speziell China und die USA kaufen die Märkte leer und bieten deutlich höhere Preise. Das hat zur Konsequenz, dass ein Großteil der Materialien in den Export gehen. Die Folge für heimische Unternehmen: Langfristige Absprachen sind passé, Preislisten sind Makulatur. Quasi jeden Tag muss neu verhandelt werden.

Die mangelnde Verfügbarkeit von vielen Baustoffen behindert den Baustellenbetrieb und damit die Gewerke in ihrer Arbeit. Die Folgen sind gravierend: Bauherren können mit ganz anderen Materialkosten als bei ihrer Kalkulation konfrontiert werden, sofern sie keine langfristigen Verträge geschlossen haben. Handwerker müssen vereinbarte Fixpreise mühsam nachverhandeln, weil ihnen sonst der Ruin droht. Hinzu kommt, dass laut Bundesvereinigung Bauwirtschaft der Materialmangel dazu führt, dass Aufträge nicht mehr ausgeführt werden können und einige Betriebe deswegen schon Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken mussten.